Pergamon Altar
Gu wei jin yong, wai wei zhong yong.
Der Gedanke Mao Tsetungs, „Lasst die Vergangenheit der Zukunft dienen, lasst ausländische Dinge China dienen“ komprimiert, was im Einzelnen das Motiv sein könnte für das Wagnis, dass die China Academy of Art Hangzhou eingegangen ist.
Denn, die Entscheidung der chinesischen Kunsthochschule vierzig der insgesamt über hundert Meter des Pergamon Fries nach alten Formen in der Staatlichen Berliner Gipsformerei reproduzieren zu lassen, um als Replik chinesischen Studenten und Gästen der Hochschule als Studienobjekt zu dienen, basiert auf eben jenem Gedanken, der besagt, dass ohne eine Kenntnis von Vergangenem eine Arbeit an und für die Zukunft wenig sinnvoll ist.
Die nicht weniger als das marmorne Original beeindruckende Gips-Kopie nahm den Weg Richtung China nicht über die alte Seidenstrasse, die nahe an Pergamon liegt, wo Carl Humanns 1887 seine Ausgrabungen begann. Nein, der fertiggestellte Gipsabguss wurde mit Hilfe von Großcontainern von Hafen zu Hafen verschifft. Die Geschichte des Kampfes zwischen den olympischen Göttern und den Giganten, den Heroen der Antike wurde im 2. Jahrhundert vor Christus in einem monumentalen Bildhauerwerk erzählt, dem Pergamon Fries. Er steht für den Kern der griechischen Mythologie, den personifizierten Gegensätzen, die sich auf dem Fries darstellen und erzählt werden. Nike und Alkyoneus oder Artemis und Otos, das Prinzip von Chaos und Ordnung findet ebenso seine Entsprechung wie es sich im Yin und Yang, dem Kräfte ausgleichenden Prinzip wiederfindet.
Während des zweijährigen Zeitraums der Produktion, recht eigentlich die Produktion einer Reproduktion, fotografierte ich nach Fertigstellung jeweils die einzelnen Reliefs des ausgewählten Teiles des „Pergamonaltars“.
Im Berliner Pergamon Museum präsentiert sich das Original in einer Höhe von 2,20 Metern. Hinaufschauend folgt man den Szenen gleich einer seitlichen Kamerafahrt. Die Protagonisten von Pergamon suchen keinen Kontakt zum Betrachter. Durch Ihre profilierte Darstellung ist Ihre Konzentration vielmehr auf Ihre Gegenspieler gerichtet. Die Choreographie der Szenen dominiert den Ausdruck der kampfentschlossenen Gesichter. Durch die einzelnen Altarfragmente gab es die Möglichkeit zu einem face to face mit den Akteuren, es war möglich einen Wechsel vom Profil zum Portraitbild zu vollziehen.
Der reine weiße Gips diente als sich als ideal herausstellende Projektionsfläche für das Gegenspiel von Licht und Schatten. Beide verleihen den Skulpturen einen Ausdruck, der sowohl das Heroische, Kämpferische und Dynamische, als auch das Zerstörte, Fragmentarische gleichermaßen betont und „herauskristallisiert“.
Scheinbar zusammenhangslos, herausgelöst aus der Gesamtheit offenbaren die fotografischen Details das meisterliche ganzheitliche Können griechischen Bildhauerschaffens und zeigen gleichsam die Schönheit der zerstörten Ganzheit dieses Meisterwerks wie auch die handwerklichen Spuren, die meisterhafte Herstellung sowohl des Originals wie der Kopie.
Roman März